gähn

Lieber U-Bahn-Papa,

ich möchte zu dir hingehen und dir auf die Schulter klopfen und sagen „es kommen wieder Zeiten mit mehr Schlaf! Dann fühlst du dich nicht mehr so übernächtigt und ausgelaugt!“

übernächtigt

Mir gegenüber steht ein Papa mit der Trage umgeschnallt – darin seine kleine Tochter (ich bin schlecht im Schätzen, aber ich würde sagen 4 Monate). Sein Blick ist übernächtigt, leer und ausgelaugt. Er wirkt, als wäre er seit 5:00 früh mit der Tochter umgehängt auf den Füßen. Er geht quer durch die Stadt, weil die Tochter nur mehr in der Trage einschläft.

Wenn ich nicht ich wäre, sondern die böse Version von mir, würde ich mich neben in stellen und einen Telefonanruf vortäuschen: „Was? Wirklich? So anstrengend eure Nächte? Das kennen wir gar nicht – Little S schläft ja schon seit dem ersten Tag mindestens 7 Stunden am Stück – außerdem schupft er mit seinen fast 10 Monaten den Haushalt und wir können wirklich das Ganze total gechillt angehen.“ (In your face „Mein-Baby-schläft-schon-durch“-Schwindler!)

Aber es wäre weder richtig, noch könnte ich jemals so böse sein. Wir kennen auch die Nächte mit wenig Schlaf, die alle Eltern kennen. Die einen mehr, wir und die anderen weniger. Aber gerade wieder in einer Woche, wo ein Zahn/der Bauch oder etwas anderes den Schlaf unseres Zwerges stört, kann ich mit dem U-Bahn-Papa nur zu gut mitfühlen.

Und diese Begegnung erinnert mich wieder an einen Artikel, den ich vor ein paar Tage geteilt habe. „Papa macht Sachen“ aus Berlin hat ihn verfasst, den Aufruf an alle Väter, etwas zu ändern…

Väter – lasst uns etwas ändern!

protest

Der U-Bahn-Papa hat diesen Artikel bestimmt gelesen, stelle ich mir vor. Er ist auf dem Weg nach Hause, weckt seine Frau auf, die dringend Schlaf benötigt hat, geht unter die Dusche und dann in die Arbeit.

So stellt sich das die „heile-Welt“-Version von mir vor und hat vermutlich recht. Ich werde es nicht erfahren, kann aber genau deswegen an diesem Gedanken festhalten.

Ein Gedanke, dass „Frauenvolksbegehren“ bald nicht mehr benötigt werden, weil Gleichberechtigung einfach real ist. Um es mit den Worten von „Papa macht Sachen“ zu sagen:

Erst dann wird ein Umdenken auch in deutschen Unternehmen stattfinden. Dann gibt es nicht mehr „die Mütter“ und „die Väter“ in den Köpfen von Personalverantwortlichen, sondern nur noch „die Eltern“. Wenn Unternehmen das verstehen, dann landen Männer und Frauen zu gerechteren Anteilen in verantwortlichen Positionen. Meetings werden nicht in Randzeiten, sondern in Kernzeiten abgehalten. Das hilft allen Vätern – und allen Müttern gleichermaßen.

Der U-Bahn-Papa steigt vor mir aus, ich nicke ihm verständnisvoll zu. Doch er – übernächtigt, ausgelaugt und leer – kann mein Nicken gar nicht deuten und wird wohl den ganzen Tag und die halbe Nacht grübeln, war das denn war, der ihm zugenickt hat in der Früh! Morgen bin sozusagen vielleicht ich schuld, dass sein Blick wieder übernächtigt, ausgelaugt und leer ist…

 

Mir ist durchaus bewusst, dass ich noch vor genau einer Woche einen Monat voller Artikel zum Thema Reise angekündigt habe – dieser hier ist etwas aus der Reihe gefallen. Der Artikel war mir ein Anliegen….und es war eine Dienstreise 😉 – das sollte genügen…

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